Den Verhaltenskodex des Deutschen Archäologen-Verbandes e.V. als pdf-Datei zum herunterladen.

 

Präambel
1. Zwischenmenschliches Verhalten
2. Archäologische Tätigkeit
3. Umgang mit menschlichen Überresten
4. Kunst- & Kulturgüterschutz
5. Umgang mit Artefakten unklarer Herkunft
6. Ehrenamtliches Engagement – die Arbeit der Gremien
7. Nachhaltigkeitsklausel: Reisen zu Gremiensitzungen und AG-Treffen, Durchführung der Jahres- und anderer Verbandstagungen
8. Schlussbestimmung

 

Präambel


Als Berufsverband der Archäolog*innen in Deutschland versteht der Deutsche Archäologen-Verband e. V. (im Folgenden DArV) Archäologie als ein Berufsfeld, das mit einem weitgefächerten Spektrum an Kompetenzen und Expertisen nicht nur wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn fördert, sondern auch wichtige Impulse zu verschiedenen aktuellen gesellschaftspolitischen und kulturellen Themen beiträgt.
Aufgabe des Verbandes ist es, ein Bewusstsein für die Erforschung und den Erhalt materieller Hinterlassenschaften und des kulturellen Erbes zu schaffen sowie darüber hinaus die Gesellschaft für ein differenziertes Verständnis von Vergangenheit und Gegenwart zu sensibilisieren, um an der Stärkung der Idee einer reflektierten offenen, gleichberechtigten und demokratischen Zivilgesellschaft mitzuwir-ken. Der Verband handelt unabhängig, in eigener Verantwortung und beruft sich auf das Grundgesetz.
Der vorliegende Verhaltenskodex umfasst das Wertesystem des DArV. Alle Mitglieder repräsentieren durch ihr Verhalten das Berufsfeld „Archäologie“ bzw. haben Interesse an der Arbeit des Verbandes nehmen fördernd Anteil und prägen damit maßgeblich dessen Ruf nach innen und außen. Daher verpflichtet sich jedes Mitglied, sich gemäß dem Verhaltenskodex im Interesse eines guten persönlichen und wissenschaftlichen Miteinanders zu verhalten. Verstößt ein Mitglied gegen den Verhaltenskodex, kann der Vorstand den Ausschluss des Mitgliedes entsprechend § 3 Absatz 4 der Satzung 2 beschließen, wenn durch das Verbleiben des Mitgliedes im Verband das Ansehen und Interesse des Verbandes beschädigt werden.


1. Zwischenmenschliches Verhalten


Der DArV vertritt die Werte von Aufrichtigkeit, Gleichbehandlung, Respekt, Toleranz und Vielfalt. Seine Mitglieder setzen sich für eine respektvolle und kooperative Zusammenarbeit sowie die bewusste Wahr-nehmung sozialer Verantwortung ein, und zwar in Bezug auf Alter, Aussehen, Beeinträchtigungen, Erkrankung, Geschlecht, Herkunft, politische Haltung, Religion, sexuelle Orientierung sowie gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Status, entsprechend dem Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Jedes Mitglied kann dazu beitragen und ist aufgefordert, zu einer Atmosphäre des sicheren, respektvollen und wertschätzenden Miteinanders beizutragen. Dazu zählt auch, dass die Mitglieder eine Sprache im Sinne der genannten Werte verwenden.
Verhaltenskodex des Deutschen Archäologen-Verbands e. V. (DArV)

Beleidigende, diskriminierende, abwertende oder erniedrigende Sprache und Handlungen wie verletzende oder abwertende mündliche oder schriftliche Kommentare verstoßen - nicht nur im Rahmen von Verbandsaktivitäten - genauso wie Mobbing, Drohung, Einschüchterung, Belästigung, unangemessene Verwendung von Nacktheit und/oder sexuellem Bildmaterial, absichtliche Einschüchterung, Stalking oder Nachlaufen, belästigendes Fotografieren oder Filmen, ständige Unterbrechung von Vorträgen oder anderen Events, unangemessener Körperkontakt und unerwünschte sexuelle Zuwendung gegen die Werte, denen sich der DArV verpflichtet fühlt.


2. Archäologische Tätigkeit


Die Mitglieder des DArV verpflichten sich in allen beruflichen Belangen zu Respekt, Wertschätzung, Fairness und Unterstützung gegenüber Kolleg*innen, Mitarbeitenden und Kooperationspartner*innen. Unfaires Verhalten, Bedrohungen, Mobbing, Diskriminierungen oder Missbrauch gleich welcher Art sowie unangemessenes Verhalten und Vorteilsnahme werden nicht akzeptiert.
Bezüglich ihrer inhaltlichen Arbeit richten sich die Mitglieder des DArV nach den DFG-Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis (https://doi.org/10.5281/zenodo.3923602) und verpflichten sich zur Einhaltung dieser Standards. Dies betrifft alle Arten der Tätigkeiten auf Ausgrabungen, in Forschungseinrichtungen, Museen und an Universitäten, im Rahmen archäologienaher Dienstleistungen, während Konferenzen sowie in Bezug auf Publikationen. Hier gilt es, die aktuellen Standards der guten archäologischen Praxis hinsichtlich Dokumentation, Aufbereitung, Archivierung und Veröffentlichung einzuhalten und zu vermitteln.
Für Tätigkeiten, Projekte und Ausgrabungen vor allem, aber nicht nur im Ausland, verweist der DArV auf den Global Code of Conduct for Research in Resource-Poor Settings der Europäischen Union. Die Mitglieder verpflichten sich insbesondere zu gleichberechtigtem, kultursensiblem, respektvollem und nicht-bevormundendem Verhalten gegenüber allen Projektteilnehmenden und -partner*innen sowie dem Gastland und dessen Traditionen. Grundsätzlich sind die bestmöglichen Standards anzustreben. Die Mitglieder sorgen für ein klares Verständnis in Bezug auf Rollen, Verantwortlichkeiten und das ethische und wissenschaftliche Verhalten während des gesamten Forschungszyklus. Sie erarbeiten, soweit möglich, klare Verfahren für Rückmeldungen, Beschwerden oder Vorwürfe von Fehlverhalten. Sie binden lokale Gemeinschaften und (Forschungs-)Beteiligte, wo immer möglich, in den Forschungsprozess ein, um sicherzustellen, dass die einzelnen Perspektiven und Anforderungen fair vertreten sind. Das gilt auch für geistiges Eigentum und die Autor*innenschaft von Publikationen. Darüber hinaus sollen im Rahmen der Forschungsarbeiten etwaige Folgen abgeschätzt und, soweit erforderlich, hinsichtlich ethischer Fragen/Aspekte geprüft werden.

3. Umgang mit menschlichen Überresten


Im gesamten Spektrum des Berufsfeldes archäologisch Arbeitender müssen Entscheidungen zum Umgang mit menschlichen Überresten getroffen werden. Wissenschaftliche Zielsetzungen, mögliche Analysemethoden, Archivierungsgebote oder sonstige Ansprüche an einen zeitgemäßen wissenschaftlichen Umgang mit Objekten aus archäologischen Kontexten können dabei im Widerspruch stehen zu religiösen und ethischen Weltanschauungen oder moralischen Ansprüchen der Herkunftsgesellschaft der menschlichen Überreste bzw. der Gesellschaft, in der diese zu Tage traten.

Die Mitglieder des DArV verpflichten sich, menschliche Überreste in allen Forschungs- und Arbeitskontexten unter Beachtung der Menschenwürde mit Respekt und Umsicht entsprechend rechtlicher Vorgaben sowie bestmöglicher ethischer Standards und wissenschaftlicher Umstände zu behandeln. Alle Entscheidungen sollten nach sorgfältiger und vor allem kritischer Abwägung auf Basis objektiver Grundsätze und unter Einbeziehung ethischer Leitlinien gefällt werden, um einen Mindestkonsens zu erreichen, der einerseits die wissenschaftlichen Interessen und andererseits die weltanschaulichen Empfindungen und moralischen Ansprüche aller berücksichtigt. Bei der Entscheidungsfindung sollten auch Überzeugungen mitbedacht werden, die mit der Sichtweise der Wissenschaft in Konflikt stehen. Dies gilt für sämtliche Fragen von der Dokumentation, Analyse, Aufbewahrung, Präsentation, Vermittlung bis hin zur Archivierung und Deponierung. Zudem sollte eine Wiederbestattung stets als Option in Betracht gezogen und entsprechend dokumentiert werden.

Als handlungsleitend empfiehlt der DArV ausdrücklich die „Empfehlungen zum Umgang mit menschlichen Überresten in Museen und Sammlungen“ von 2013 (www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2017/04/2013-empfehlungen-zum-umgang-mit-menschl-ueberresten.pdf). Dort sind umfangreiche Handreichungen vor allem zu Sammlungskontexten zusammengestellt, die auf archäologische Arbeitskontexte übertragbar sind.


4. Umgang mit Artefakten unklarer Herkunft


Die Mitglieder des DArV sind dazu aufgefordert, Artefakte oder Objekte, deren legale Herkunft mit Stichdatum 14. November 1970 nicht eindeutig nachgewiesen ist, weder zu kaufen noch zu verkaufen oder zu tauschen. Artefakte oder Objekte in Privatbesitz sollen nicht durch prominente Publikation finanziell aufgewertet werden. Soweit solche Artefakte oder Objekte aber einem öffentlichen Museum überlassen wurden, wird dies begrüßt, da die Artefakte oder Objekte so dauerhaft der Wissenschaft zugänglich werden. In solchen Fällen ist eine Publikation erwünscht, durch die Artefakte oder Objekte wissenschaftlich bekannt werden und der legale Eigentümer Restitutionsansprüche anmelden kann. Dies soll vermeiden, widerrechtlichen Ausgrabungen und unerlaubtem Handel (Hehlerei) Vorschub zu leisten. Der Stichtag bezieht sich auf das Datum des Beschlusses des UNESCO-Übereinkommens über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut.
Die Mitglieder erklären sich ferner bereit, im Rahmen ihres beruflichen und gesellschaftlichen Engagements das öffentliche Problembewusstsein für den kulturellen Wert materieller archäologischer Hinterlassenschaften und deren Kontexte zu schärfen und im Sinne einer Bewusstseinsbildung zum Schutz des Kulturerbes beizutragen.

Als handlungsleitend empfiehlt der DArV weiterhin insbesondere folgende internationalen Regularien:

  • Das Europäische Übereinkommen zum Schutz des Archäologischen Erbes (Konvention von Valletta von 1992)
  • Das UNESCO-Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut von 1970
  • Das gemeinsame Statut zu den Prinzipien des Schutzes Archäologischer Stätten, Denkmäler und Museen von 2007, unterzeichnet vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI), dem Institut für Archäologie der Russischen Akademie der Wissenschaften, dem Archaeological Institute of America (AIA), dem Ministero per i Beni e le Attività Culturali, der Direzione Generale per i Beni Archaeologici und dem Türkischen Institut für Altertumswissenschaften.


5. Kunst- & Kulturgüterschutz


Der DArV möchte das kulturelle Erbe uneingeschränkt schützen. Die Mitglieder verpflichten sich dementsprechend, bei der aus wissenschaftlicher Sicht manchmal notwendigen Zerstörung von vorher dokumentierten Befunden eintretenden Schaden und Erkenntnis-Chancen sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Im Umgang mit archäologischen Objekten und jeder Art von Kulturgut sind alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die deren Zerstörung verhindern. Dies gilt bei der Dokumentation, Aufbewahrung, Restaurierung, der wissenschaftlichen Bearbeitung, der Zugänglichmachung und der gesellschaftlichen Vermittlung, aber auch bei jeglichem sonstigen Umgang damit. Die internationalen und nationalen Gesetze sowie die denkmalpflegerischen Regularien, denen die Objekte und Befunde unterliegen, sind jederzeit zu achten und einzuhalten.


6. Nachhaltigkeitsklausel: Reisen zu Gremiensitzungen und AG-Treffen, Durchführung der Jahres- und anderer Verbandstagungen


Die Mitglieder der Gremien sowie die Teilnehmenden an AG-Treffen werden nachdrücklich gebeten, auf innerdeutschen Strecken so umweltschonend wie möglich, beispielsweise mit der Bahn zu reisen. Telefon- oder Videokonferenzen werden, soweit möglich und sinnvoll, als umweltschonende Alternative zu den Treffen genutzt.
Die DArV-Jahrestagungen sowie andere vom Verband organisierte Tagungen sollten von den austragenden Institutionen und Personen so nachhaltig wie möglich durchgeführt werden, soweit auf die Umstände Einfluss genommen werden kann. Dazu zählt beispielsweise die Vermeidung von Müll, insbesondere von Plastikmüll und die Aufforderung an die Teilnehmenden, ihre Reise möglichst umweltschonend zu gestalten.


7. Schlussbestimmung


Der von der Mitgliederversammlung beschlossene Verhaltenskodex gilt in der jeweils gültigen Fassung auch als Richtlinie im Rahmen von Ausschlussverfahren gemäß § 3 der Satzung des DArV.

Freiburg, den 20.11.2021