Wissenschaftliche Mitarbeiterin im universitären Third Space
Dr. Laura Picht-Wiggering koordiniert das große, fachübergreifende geisteswissenschaftliche Modul der Leuphana Universität Lüneburg, das alle Erstsemester der Universität besuchen müssen.
Was haben Sie wo studiert?
Klassische Archäologie, Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen und Archäologie und Kulturgeschichte des Vorderen Orients an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Was waren Ihre bisherigen beruflichen Stationen?
Nach dem Magisterabschluss bekam ich ein Promotionsstipendium im Graduiertenkolleg „Wert und Äquivalent“ an der Goethe-Universität Frankfurt. Außerdem habe ich freiberuflich in der Fundbearbeitung der Grabung in Priene (Türkei) und im Archäologischen Museum Frankfurt gearbeitet. Dort habe ich Führungen zu unterschiedlichen Themen gegeben. Nach Abschluss meines Stipendiums in Frankfurt hatte ich ein weiteres Stipendium des Research Centers for Anatolian Civilizations der Koҫ-University in Istanbul. Nach Abschluss meiner Promotion habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Leuphana Universität Lüneburg angefangen.
Was war Ihr Berufsziel während des Studiums? Hat sich Ihr Berufsziel während des Studiums verändert? Wie haben Sie sich während des Studiums beruflich orientiert?
Während des Studiums habe ich eine Position in der Archäologie angestrebt, am liebsten an der Universität. Auch eine Anstellung an einem Museum wäre für mich aber denkbar gewesen. Einblicke in diese Bereiche habe ich neben meiner Tätigkeit als studentische Hilfskraft durch mehrere Praktika gewinnen können. Während der Promotion habe ich versucht viele Konferenzen zu besuchen, um zum einen ein Netzwerk zu knüpfen und zum anderen bereits möglichst viel publizieren zu können.
Wie haben Sie den Übergang in die berufliche Tätigkeit nach dem Studium empfunden?
Der Übergang in die Promotion war kein Problem, es war ja letzten Endes nur eine Fortsetzung dessen, was ich im Magister schon gelernt hatte. Also eine wissenschaftliche Arbeit zu schreiben und die dafür notwendigen Daten erheben. Lediglich der Umfang war natürlich bedeutend größer.
Ganz neue Herausforderungen haben sich dann durch die Anstellung an der Leuphana ergeben. Damit habe ich mich aus der Archäologie herausbegeben und musste mich deswegen nicht nur auf neue Aufgaben, sondern auch auf neue Inhalte einstellen. Ich hatte aber das Glück, dass ich noch eine ganze Weile durch meinen Vorgänger begleitet wurde und deswegen in Ruhe alles kennenlernen konnte.
Wie sieht Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit aus? Was sind Ihre derzeitigen Aufgaben?
Als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Leuphana Universität koordiniere ich eines der drei großen fachübergreifenden Module im Leuphana Semester. Als Leuphana Semester wird das erste Semester an der Leuphana bezeichnet, in dem es – wie gesagt – drei fachübergreifende Module gibt, die alle Studierenden gemeinsam durchlaufen, völlig unabhängig davon, welche Fächer sie studieren. Ich koordiniere das Modul „Wissenschaft lehrt Verstehen“, in dem die Studierenden einen Einblick in geisteswissenschaftliche Themen erhalten und außerdem in das wissenschaftliche Arbeiten eingeführt werden.
Im Rahmen dieser Koordination organisiere ich Lehrende für die ca. 50 Seminare, die notwendig sind, damit alle Studierenden einen Platz bekommen. Diese Lehrenden werden außerdem von mir betreut, das heißt ich organisiere einen Workshop zu Beginn des Semesters, um sie auf die Herausforderungen der fachübergreifenden Lehre vorzubereiten, stehe ihnen aber auch bei Fragen und Problemen im Laufe des Semesters zur Seite. Daneben lehre ich auch selbst, das heißt ich gebe auch ein Seminar und bin in die Organisation und Durchführung der Vorlesung eingebunden.
Neben Seminaren und der Vorlesung besuchen die Studierenden auch ein Tutorium. Auch dieses wird von mir, gemeinsam mit meinen Kolleg*innen geplant und auch die Tutor*innen müssen, ganz ähnlich wie die Lehrenden, geschult und betreut werden.
Schließlich brauchen auch die Studierenden Unterstützung bei der Seminarwahl oder Schwierigkeiten mit verschiedenen Anforderungen des Moduls. Auch hier habe ich immer ein offenes Ohr und helfe, wo ich kann.
Neben diesen eher organisatorischen Aufgaben arbeite ich außerdem an der inhaltlichen Ausgestaltung des Moduls mit. Und last but not least beschäftige ich mich mit meiner eigenen wissenschaftlichen Weiterqualifizierung im Bereich der Hochschulforschung.
Was können Archäolog*innen nach dem Studium besonders gut? Was nutzen Sie von diesen Kompetenzen für Ihre aktuelle Tätigkeit?
Archäolog*innen können sich schnell in diverse Themen einarbeiten und haben einen guten Blick fürs Detail. Sie haben ein Gespür dafür entwickelt, welche Fragen sich mit teilweise sehr lückenhaften Datenlagen wie beantworten lassen. Dabei entwickelt man fast detektivische Fähigkeiten, um die notwendigen Informationen vielleicht doch noch zu erlangen, entweder im Rahmen von Grabungen oder durch ein ausdauerndes Sichten der Publikationen. Das ist vielleicht noch eine Fähigkeit: Archäolog*innen brauchen einen langen Atem. Daneben gibt es weniger spezifische Fähigkeiten, wie z. B. wissenschaftliche Texte zu lesen und zu schreiben.
Die Fähigkeit, mir schnell neue Themenbereiche zu erschließen ist definitiv etwas, das ich in meinem jetzigen Job gut gebrauchen kann. Auch die Fähigkeit Zusammenhänge zu erkennen bzw. das detektivische Gespür ist hilfreich, um bei Schwierigkeiten zu erkennen, wo das Problem tatsächlich liegt und eine kreative Lösung dafür zu entwickeln. Das ist vielleicht auch ein Punkt. Archäologen sind in der Regel pragmatisch und können improvisieren.
Was hätten Sie im Studium, aus heutiger Sicht, anders gemacht?
Nicht viel. Ich hätte noch öfter versucht über den Tellerrand zu schauen und auch Veranstaltungen aus benachbarten Fächern, aber auch aus ganz anderen Disziplinen zu besuchen.
Welchen persönlichen Tipp können Sie Studierenden des Fachs Archäologie geben, damit sie den für sie passenden Job finden?
Wie bereits erwähnt, habe ich vor, während und nach dem Studium immer wieder Praktika gemacht. Die Einblicke, die ich dort gewinnen konnte, waren extrem hilfreich, um für mich selbst herauszufinden, wo es hingehen kann. Das würde ich deshalb jedem ans Herz legen, häufig hat man gar nicht so recht eine Vorstellung davon, was einen in bestimmten Jobs erwartet.
Außerdem würde ich jeder und jedem raten, regelmäßig zu Vorträgen und Konferenzen zu gehen und dann vor allem auch an den flankierenden Kaffeepausen und Umtrünken teilzunehmen. Hier kann man nicht nur wertvolle Kontakte knüpfen, sondern ebenfalls einen Blick hinter die Kulissen werfen und z. B. erfahren, wie andere ihren Weg gegangen sind. Das kann sehr inspirierend sein.