Von der Archäologie zum Galeristen
Tobias Wachter leitet heute zwei Unternehmen.
Was haben Sie wo studiert?
- Klassische Archäologie (HF) Ethnologie/Alte Geschichte (NF)
- Leipzig – Neapel – Halle - Berlin
Was waren Ihre bisherigen beruflichen Stationen?
- Student
- Studentische Hilfskraft
- Freiberuflicher Wissenschaftler (Discovering the archaeologists of europe) (während und nach dem Studium)
- Galerist
- Kunsthändler (die letzten beide heute noch)
Was war Ihr Berufsziel während des Studiums? Hat sich Ihr Berufsziel während des Studiums verändert? Wie haben Sie sich während des Studiums beruflich orientiert?
Ein Ziel hatte ich erst ab 2019 – und von da an wollte ich Unternehmer werden.
Wie haben Sie den Übergang in die berufliche Tätigkeit nach dem Studium empfunden?
Empfunden klingt so passiv. Ich habe den Übergang damals ziemlich aktiv genutzt und selbst gestaltet – daher habe ich es einerseits als Befreiung andererseits als neue Möglichkeit empfunden etwas ganz anderes zu machen.
Wie sieht Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit aus? Was sind Ihre derzeitigen Aufgaben?
Ich leite zwei Unternehmen – das zu beschreiben wäre ziemlich umfangreich. Kurz: ich handle mit Kunst – vom 16. Jh. bis zur Gegenwart. Banal gesagt ist das wie ein ganz normaler Handel mit Einkauf/Komission und Verkauf. Ich koordiniere meine Mitarbeiter, berate, bewerte, bestimme usw.
Was können Archäolog*innen nach dem Studium besonders gut? Was nutzen Sie von diesen Kompetenzen für Ihre aktuelle Tätigkeit?
So generell kann ich das nicht beantworten – ich habe nur Erfahrungen mit zwei Archäologinnen sammeln können, die bei mir beschäftigt waren, bzw. einer, die es noch ist. Von Ihnen und mir aufs Ganze zu schließen wäre anmaßend. Die zweite Frage fand ich am Ende meines Studiums immer wichtiger, weil mir damals klar wurde, dass ich das, was ich gelernt habe, überall einsetzen kann. Die Frage schließt mit ein, das mir überhaupt bewusst war, was ich gut kann und was nicht – was bereits eine Kompetenz ist, die ich im Verlaufe des Studiums durch die Erfahrungen, die ich dort gemacht habe, gelernt habe. Selbst zu wissen: das kann ich gut, das kann ich nicht gut, bewahrt mich noch heute vor dem Fehler mich mit Aufgaben zu übernehmen, in denen ich definitiv nicht gut bin, und mich auf das zu konzentrieren, was ich gut kann. Klingt abstrakt – war für mich aber ein wichtiger Moment (während des Studiums).
Was habe ich während des Studiums gelernt – Recherche, das ist in meinem Job unglaublich wichtig. Überzeugendes Auftreten – lernt man u.a. tatsächlich durch Referate/Vorträge halten und bringt mir heute ungemein viel. Sich (mittlerweile schnell) in Themen einarbeiten und Themen grob zu erfassen, habe ich auch während des Studiums gelernt. Sich auf neue Themen einlassen und sich dafür begeistern – auch etwas, was man im Studium erlebt/erfährt und was ich im Rückblick bis heute, wenn auch ganz anders, bewahrt habe.
Dann ganz praktisch: Bildbearbeitung, Umgang mit Datenbanken, Umgang mit Daten/Wissen, Entwickeln von Strukturen, um Daten bzw. Wissen zu erfassen und zugänglich zu machen.
Was ich übrigens nicht kann ist: schreiben, wie man hier sicher merkt. Daher gibt es sicher noch einiges mehr, was ich hier schreiben könnte, denn ist ganz spannend, wie man diese Kompetenzen im Alltag nutzen und umsetzen kann. Abseits dessen fehlt leider im Moment die Zeit. Das Weihnachtsgeschäft geht los.
Was hätten Sie im Studium, aus heutiger Sicht, anders gemacht?
Würde ich nochmal studieren – mit dem Wissen, dass ich jetzt habe, würde ich Ethnologie als erstes Hauptfach studieren. Aber das Wissen hätte ich nicht gehabt, daher hätte ich es wohl genauso gemacht. Ich bin im Rückblick mit meinem Studium ausgesprochen zufrieden. Ich habe sehr lange studiert und sehr, sehr viel erlebt.
Welchen persönlichen Tipp können Sie Studierenden des Fachs Archäologie geben, damit sie den für sie passenden Job finden?
Es ist gut sich auf das zu konzentrieren, was man gut kann – es ist hilfreich neues auszuprobieren und zu schauen, ob man es kann, manchmal entdeckt man Eigenschaften bei sich, die man einfach nicht kannte, oder man entdeckt Dinge, die man wirklich nicht kann – beides zu wissen bringt einen weiter.
Das wichtigste: das, was man macht, muss einem Spaß machen – man muss Lust darauf haben und es wollen. Je offener man ist, desto besser sind die Chancen. Und: Archäologie ist toll – aber man muss nicht dafür bezahlt werden, um es zu machen – es gibt tausende andere Berufe und Möglichkeiten, die genauso spannend, vielleicht sogar spannender sind und besser zu einem passen – und die definitiv besser bezahlt sind als Jobs in der Wissenschaft. Den Bezug zur Wissenschaft muss man durch einen anderen Beruf nicht verlieren.
Sie sind Mitglied in der AG „Wissen schafft Karriere“ des DArV. Was hat Sie dazu bewogen, sich in dieser AG zu engagieren?
Ich glaube, das ganz im Ursprung die AG – bzw. ihr Vorläufer – auf meine Initiative zurückgeht –, und da war es tatsächlich, dass ich aufgrund meiner eigenen Beschäftigung mit dem Thema frappierend fand, dass sich trotz damaligen Wechsel zu BA/MA wenige damit auseinandergesetzt haben, wie das Fach eigentlich auf den Beruf vorbereitet. Ich glaube auch heute noch, dass es keine Aufgabe der Wissenschaftlerinnen sein kann, das zu tun – Archäologie ist keine Berufsausbildung, sondern eine Wissenschaft, die man bei Wissenschaftlerinnen lernt –, aber dass es – neben den Universitätsangeboten (Careerservice) Institutionen geben müsste, die Studentinnen fachbezogen dabei helfen müssten, wie man vom wissenschaftlichen Studium in einen Beruf gelangt. In der Archäologie ist dieses Wissen sehr an individuelle Beispiele geknüpft. Als Fach sind wir zu klein, um große statistische Ergebnisse zu präsentieren.
Daher hatte ich zwei Ziele – und bei den Lehrern hätte ich mir mehr Aufmerksamkeit dafür gewünscht, dass Ihnen bewusst wird, welche Kompetenzen ein Studium überhaupt vermittelt. Das hat damals gefehlt.
Vielen Dank übrigens für diese Umfrage – es macht mir immer wieder Freude mich mit dem Thema zu beschäftigen.