PD Dr. Doris Gutsmiedl-Schümann MHEd arbeitete in unterschiedlichen Positionen an verschiedenen Universitäten.


Was haben Sie wo studiert?

Ich habe an der LMU München das Magisterstudium mit Hauptfach Vor- und Frühgeschichte und den Nebenfächern Völkerkunde und Vorderasiatische Archäologie abgeschlossen. Als zusätzliche Nebenfächer habe ich Informatik mit Schwerpunkt Datenbanksysteme und Vegetationsgeschichte studiert. Es folgte 2010 eine Promotion in Vor- und Frühgeschichtlicher Archäologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sowie 2018 eine Habilitation in Prähistorischer Archäologie an der Freien Universität Berlin. Zusätzlich habe ich berufsbegleitend an der Universität Hamburg 2017 einen Master of Higher Education (MHEd) erworben.

Was waren Ihre bisherigen beruflichen Stationen?

Während des Studiums habe ich auf archäologischen Ausgrabungen sowie als Hilfskraft am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege gearbeitet. Über mehrere Jahre hinweg war ich in Museen im Aufsichtsdienst und in der Besucherinformation tätig, habe an der Vorbereitung von Sonderausstellungen sowie inhaltlich und redaktionell an Katalogen mitgearbeitet, habe Ausstellungen betreut und Führungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene angeboten.

Nach dem Magisterabschluss habe ich zunächst ein knapp dreimonatiges Praktikum im Bereich Wissenschaftsjournalismus absolviert, ehe ich parallel zur Arbeit an einer Dissertation nebenberuflich zusammen mit einer Kollegin im Team ein Heimatmuseen geleitet habe sowie als wissenschaftliche Hilfskraft Datenbanken für archäologische Projekte programmiert und auf aktuellem Stand gehalten habe.

Kurz gesagt: Während Studium und Promotion habe ich den Weg von archäologischen Funden und Befunden von Prospektion und Ausgrabung über Fundbearbeitung und wissenschaftliche Auswertung der gewonnenen Daten, Aufbewahrung und Archivierung der Funde, Ausstellung und museale Präsentation, wissenschaftliche Publikation und Wissenschaftskommunikation nachvollzogen und damit Einblicke in viele verschiedene Arbeitsfelder bekommen.

Nach der Promotion war ich zunächst wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie der Universität Bonn und habe dort während der Elternzeit der Stelleninhaberin die Assistenz von Prof. Jan Bemmann vertreten, ehe ich für ein Post-Doc-Projekt an die kulturhistorische Sammlung des Museums der Universität Bergen, Norwegen, gegangen bin.

Es folgte ein weiteres Post-Doc-Projekt an der Universität Bonn, das mich ebenfalls für längere Forschungsaufenthalte an die norwegischen Museen in Bergen, Oslo, Stavanger, Trondheim und Tromsö führte. 2011 übernahm ich an der Universität Bonn eine neu geschaffene Stelle als Studiengangsmanagerin für die archäologischen Bachelor- und Masterstudiengänge. Diese Teilzeitstelle habe ich zeitweise mit einer zweiten halben Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie kombiniert.

2016 wechselte ich zunächst als Elternzeitvertretung auf die Assistenz von Prof. Michael Meyer an das Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin. Als der Stelleninhaber aus seiner Elternzeit heraus eine unbefristete Stelle an einer anderen Universität annahm und die Elternzeitvertretung damit vorzeitig endete, wurde ich für die Restlaufzeit der Assistentenstelle nach Wissenschaftszeitvertragsgesetz als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Prähistorische Archäologie der FU Berlin übernommen.

Es folgten 2018 eine Gastdozentur und 2019 eine Gastprofessur an der FU Berlin, ehe ich 2020 im Sommersemester zunächst die Professur für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie an der Universität Bonn und im Wintersemester die Professur für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit an der Universität Halle vertreten durfte.

Seit 2008 habe ich zudem an wechselnden Universitäten bezahlte Lehraufträge übernommen: einerseits zu spezielleren archäologischen Themen für Studierende archäologischer Fächer, andererseits allgemeine und einführende archäologische Themen im Rahmen von interdisziplinären Studienanteilen für Studierende nicht-archäologischer Fächer. Im Rahmen von Lehraufträgen habe ich unter anderem an der Leuphana Universität Lüneburg und an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg unterrichtet.

Was war Ihr Berufsziel während des Studiums? Hat sich Ihr Berufsziel während des Studiums verändert? Wie haben Sie sich während des Studiums beruflich orientiert?

Ich hatte zu Beginn meines Studiums zwar eine Vorstellung davon, welche unterschiedlichen Aspekte und Tätigkeiten zu „Archäologie“ gehören, konnte diese aber noch nicht mit konkreten Berufsfeldern verbinden. Da ich neben dem Studium Geld verdienen musste, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren, habe ich bereits im ersten Semester den Entschluss gefasst, dies mit möglichst vielen Einblicken in unterschiedliche fachliche und fachnahe Berufsfelder, die mir nach dem Abschluss offen stehen, zu verbinden.

Erst in der Endphase der Promotion kristallisierte sich der universitäre Dreiklang aus Lehre, Forschung und akademischer Selbstverwaltung als das Berufsfeld heraus, in das ich in meiner weiteren Laufbahn gerne gehen wollte.

Da mir von Seiten des Studiums keine Vorgaben gemacht wurden, in welchen Bereichen Praktika zu absolvieren sind, habe ich mich in der Wahl meiner bezahlten Praktika und Nebentätigkeiten auf der einen Seite v.a. von Neugier und Interesse leiten lassen. Auf der anderen Seite wusste ich aber auch immer genau, welches Einkommen ich im Monat erreichen musste, um über die Runden zu kommen: Der zu erwartende Verdienst spielte daher auch immer eine Rolle. Mehr als einmal musste ich daher auch inhaltlich interessante Angebote aus finanziellen Gründen ablehnen.

Zudem war mir sehr bewusst, dass bestimmte Beschäftigungsformen zwar für mich als Studentin attraktiv waren, etwa weil ich Zugang zu günstigen studentischen Versicherungen hatte oder ich auf Grund der sehr ungleich über das Jahr verteilten Arbeitszeiten (in der Regel Vollzeit in der vorlesungsfreien Zeit, stunden– oder tageweise, je nach Stundenplan, in der Vorlesungszeit) im Folgejahr Steuerrückzahlungen erwarten konnte, dass dies aber nach einem Abschluss so nicht mehr funktionieren würde.

Wie haben Sie den Übergang in die berufliche Tätigkeit nach dem Studium empfunden?

Da ich sowohl während des Magisterstudiums als auch neben der Promotion regelmäßig in unterschiedlichen archäologischen Arbeitsfeldern tätig war, habe ich den Übergang als fließend empfunden. Anstatt nun meine Arbeitszeit zwischen Studium bzw. Doktorarbeit und archäologischem (Neben-)Job aufzuteilen, wurde die Arbeitszeit nun ganz von der archäologischen Berufstätigkeit in Anspruch genommen.

Wie sieht Ihre aktuelle berufliche Tätigkeit aus? Was sind Ihre derzeitigen Aufgaben?

Aktuell befinde ich mich in einer Übergangsphase, so dass meine Aufgaben und Tätigkeiten sich oft kurzfristig verändern.

Im Wesentlichen besteht mein Arbeitsalltag aus akademischer Lehre und damit der Konzeption, Vor- und Nachbereitung von Lehrveranstaltungen im Rahmen bestehender Studienordnungen und Modulstrukturen, der Abnahme und Bewertung von Studien- und Prüfungsleistungen sowie in der Betreuung und Bewertung von Abschlussarbeiten. Einen großen Teil meiner Arbeitszeit investiere ich in die Interaktion mit Studierenden, beantworte Fragen, gebe Hilfestellung bei der Vorbereitung von Referaten sowie beim Schreiben von Hausarbeiten und Abschlussarbeiten. Daneben erhalten die Studierenden von mir ein ausführliches Feedback zu ihren Leistungen

Ich arbeite an eigenen Forschungsthemen, schreibe hierzu Anträge auf Drittmittel, führe Untersuchungen v.a. an archäologischem Fundmaterial und vorgelegten Daten durch und verfasse zu meinen Ergebnissen wissenschaftliche Aufsätze. Zudem bin ich an der Herausgabe von Sammelbänden beteiligt und betreue diese inhaltlich wie redaktionell.

Was können Archäolog*innen nach dem Studium besonders gut? Was nutzen Sie von diesen Kompetenzen für Ihre aktuelle Tätigkeit?

Das Archäologiestudium vermittelt eine Vielzahl von Kenntnissen, Fähigkeiten und Kompetenzen, die sich in vielen Berufsfeldern anwenden lassen. Je nach gewähltem Studiengang können Absolvent*innen archäologischer Studiengänge gut mit Visuellem und Materiellem umgehen, und dies in gesprochener oder geschriebener Sprache wiedergeben.

Damit können Sie in einer zunehmend von Bildern und Dingen geprägten Welt eine wichtige Vermittlerrolle einnehmen. Sie haben im Studium oft den Umgang mit großen, heterogenen Datenmengen gelernt und durch die internationale Vernetzung vieler Institute auch Gelegenheit gehabt, mit Menschen aus unterschiedlichen akademischen Traditionen und Kulturräumen zusammenzuarbeiten und so interkulturelle Kommunikation zu erlernen.

In jedem Studiengang müssen Themen in einem vorgegebene Zeitrahmen fundiert recherchiert und mündlich bzw. schriftlich präsentiert werden. Zudem müssen Studierende viele unterschiedliche Veranstaltungen und damit verbundene Aufgaben unter einen Hut bringen. Die dadurch erworbenen Präsentations-, Organisations- und Koordinationsfähigkeiten nutze ich beispielsweise auch viel in meinem Arbeitsalltag.

Was hätten Sie im Studium, aus heutiger Sicht, anders gemacht?

Ehrlich gesagt: nichts. Ich wusste vor dem Studium, dass ich Archäologie studieren möchte und wusste auch, dass ich mich im Rahmen meiner Fächerwahl für eine archäologische Disziplin als Hauptfach entscheiden muss. Daher habe mich bereits vor dem Studium intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Inhalte die einzelnen Archäologien abdecken und mich bewusst für Vor- und Frühgeschichtliche bzw. Prähistorische Archäologie entschieden. Die Wahl der Nebenfächer erfolgte dann einerseits aus Interesse, andererseits auf Grund von weitgehender Überschneidungsfreiheit des Lehrangebots mit den Veranstaltungen meines Hauptfaches.

Meine Praktika und Nebenjobs habe ich zum einen nach Interesse, zum anderen nach den Verdienstmöglichkeiten gewählt. Auch hier würde ich aus heutiger Sicht wieder so vorgehen.

Welchen persönlichen Tipp können Sie Studierenden des Fachs Archäologie geben, damit sie den für sie passenden Job finden?

Ich möchte den Studierenden gerne drei Tipps geben, die sie auch schon im Studium für Praktika und Nebenjobs berücksichtigen sollten, und die mir geholfen haben, das immer wieder beklagte Problem, dass viele Archäolog*innen von ihrem Beruf kaum leben können, zu umgehen:

1. Kennen Sie Ihre Fähigkeiten und Interessen! Erkunden Sie für sich, was Sie persönlich interessiert und welche Tätigkeiten Ihnen persönlich liegen. Versuchen Sie, Berufsfelder zu finden, in denen ein Teil der typischen Tätigkeit zu Ihren persönlichen Vorlieben und Stärken passt, rechnen Sie aber auch damit, dass Sie in Ihrer beruflichen Tätigkeit manche Aufgaben übernehmen müssen, die anstrengend oder eintönig sind und die Ihnen keinen Spaß machen werden in denen Sie aber nichtsdestotrotz das anwenden, was Sie im Studium gelernt haben.

2. Kennen Sie Ihre finanziellen Bedürfnisse! Sie sollten in jeder Phase Ihres beruflichen Lebens zwei Zahlen im Kopf haben: Zum einen die monatliche Summe, die Sie mindestens verdienen müssen, um sich und ggf. von Ihnen abhängige Personen langfristig versorgen zu können, ohne in ein finanzielles Minus zu geraten. Dabei sollten Sie neben den essentiellen Dingen des täglichen Bedarfs (Wohnung, Nahrung, Kleidung, Mobilität etc.) auch Dinge wie notwenige und sinnvolle Versicherungen, private Altersvorsorge, kleine Rücklagen für Notfallsituationen u. ä. mit bedenken. Ihr Netto-Monatslohn sollte dann auch mindestens dieser Summe entsprechen. Zum anderen sollten Sie wissen, wie viel Sie gerne verdienen würden, um sich etwas mehr als nur das zwingend Notwenige leisten zu können. Damit können Sie Stellenausschreibungen und Arbeitsangebote jeweils schnell einordnen. Denken Sie daran, diese Summen regelmäßig zu überprüfen und an Ihre jeweils aktuelle Situation anzupassen. Bedenken Sie dabei auch, dass diese beiden Summen je nach persönlicher Situation sehr unterschiedlich ausfallen können und dass eine Arbeitsstelle, von der eine Person kaum leben kann, für eine andere Person völlig in Ordnung sein kann.

3. Kennen Sie die Regeln! Informieren Sie sich, welche gesetzlichen Vorgaben für unterschiedliche Arten von Berufstätigkeiten gelten. Sie sollten etwa die Unterschiede zwischen freiberuflicher Tätigkeit, Werkverträgen oder Angestelltenverhältnissen kennen und Sie sollten über die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitsnehmern informiert sein. Stellen Sie sicher, dass Sie wissen, worauf Sie sich einlassen, bevor Sie einen Vertrag unterschreiben.

Sie sind Mitglied in der AG „Wissen schafft Karriere“ des DArV. Was hat Sie dazu bewogen, sich in dieser AG zu engagieren?

Als Dozentin habe ich viel Kontakt zu Studierenden und bekomme regelmäßig mit, mit wie viel Unsicherheit das Themenfeld Berufsorientierung behaftet ist. Um Studierende dabei zu unterstützen, sich in der Vielfalt der fachlichen, fachnahen und fachfernen Berufsfelder, die Absolvent*innenarchäologischer Studiengänge offenstehen, zurechtzufinden, habe ich einerseits passende Lehreinheiten für Grundlagenveranstaltungen im Bachelorstudiengang sowie einen Workshop zu Themen der Arbeitswelt für Masterstudierende entwickelt. Da jedoch nicht an allen Studienstandorten Ressourcen für eine Berufsorientierung im Studium zur Verfügung stehen, engagiere ich mich in der AG Wissen schafft Karriere, um jungen Kolleg*innen unabhängig von Universität und Studiengang Unterstützung in der Berufsorientierung anbieten zu können.